§ 130d ZPO: Kein Vertrauensschutz bei unzureichender Darlegung der vorübergehenden Unmöglichkeit

OLG Köln, 27.7.2022, 16 U 117/20, NJW 2023, 305 mit Anmerkung Günther

§ 130d ZPO gilt auch für den Widerruf eines Vergleichs. Eine vorübergehende technische Unmöglichkeit einer elektronischen Übermittlung muss zeitlich unmittelbar geltend gemacht und glaubhaft gemacht werden und nicht -wie hier- erst nach einer Woche.

Widersprüchliche oder pauschale Aussagen zur technischen Unmöglichkeit sind nicht ausreichend.

Es besteht kein Vertrauensschutz, wenn Gerichte bislang unzureichende Schriftstücke akzeptiert haben: 

Soweit im Schriftsatz vom 20.04.2022 der Beklagten zu 1. vorgebracht wird, eine Anzeige der Unmöglichkeit der Einreichung auf elektronischem Wege mit der Ersatzeinreichung sei unterblieben, weil Gerichte – auch der Senat – vorhergehende unzureichende Einreichungen nicht beanstandet hätten, ändert dies an der Bewertung nichts. Die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs ab dem 01.01.2022 war seit Jahren bekannt; das betreffende Gesetz war bereits am 10.10.2013 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I, 3786) verkündet worden und ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten. Die damit verbundenen Probleme wurden in der Anwaltschaft bereits diskutiert. Diese Rechtslage musste dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. auch ohne den gerichtlichen Hinweis bekannt sein (vgl. LAG Kiel, Urt. vom 13.10.2021 – 6 Sa 337/20, juris Rn. 134; zur gleichen Thematik im Verwaltungsprozess: OVG Schleswig-Holstein, Beschl. vom 25.01.2022 – 4 MB 78/21, juris Rn. 8).

Siehe auch: BGH: § 130d ZPO – Zur Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit