§ 30 a ZVG – RVG-Gegenstandswert bei Vertretung des Gläubigers

Der Gegenstandwert der anwaltlichen Tätigkeit bestimmt sich bei Vertretung des Gläubigers im Rahmen eines § 30a ZVG-Antrages nach § 25 Abs. 2 RVG. Ein Bruchteil von 1/5 des dem Gläubiger zustehenden Rechts auf den Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich der Nebenforderungen, begrenzt durch den Wert des Versteigerungsobjektes, ist dabei nicht zu beanstanden.

LG Hamburg, 20.09.2022, 328 T 34/22

Aus den Gründen:

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Die angefochtene Wertfestsetzung dient der Bestimmung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 Abs. 1 RVG. Maßgebend für den Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren ist – da es hier um eine Tätigkeit in der Zwangsversteigerung geht – § 26 RVG.

Wie der Gegenstandswert nach § 26 RVG zu bestimmen ist, hängt von der Art der Beteiligung des Auftraggebers im Zwangsversteigerungsverfahren ab. Die Werte sind verschieden, je nachdem, ob der Rechtsanwalt einen Gläubiger oder sonstigen Beteiligten nach § 9 Nr. 1 und 2 ZVG (§ 26 Nr. 1 RVG), den Schuldner oder einen sonstigen Beteiligten (§ 26 Nr. 2 RVG) oder einen nichtbeteiligten Bieter (§ 26 Nr. 3 RVG) vertritt.

Grundsätzlich zutreffend geht das Vollstreckungsgericht von der Anwendung des § 26 Nr. 1 RVG aus, welcher einschlägig ist, wenn – wie hier – der Auftraggeber Gläubiger ist. In diesem Fall bestimmt sich der Gegenstandswert grundsätzlich nach dem (individuellen) Wert des ihm zustehenden Rechts. Ebenfalls im Grundsatz zutreffend stellt das Vollstreckungsgericht hinsichtlich des Wertes des dem Gläubiger zustehenden Rechts auf den Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich der Nebenforderungen ab, begrenzt durch den Wert des Versteigerungsobjektes.

Auf ebendiesen vorgenannten Wert ist jedoch nur dann abzustellen, soweit § 25 Abs. 2 RVG nicht vorrangig ist. Rechtsirrig geht das Vollstreckungsgericht insoweit von der Nichtanwendbarkeit des § 25 Abs. 2 RVG aus.

Für Verfahren über (Schutz-)Anträge des Schuldners – und hierunter fällt auch der im hiesigen Verfahren von den Schuldnern gestellte Antrag nach § 30a ZVG – ist die Bewertung nicht nach § 26 Nr. 1 RVG, sondern nach dem hierfür vorrangigen § 25 Abs. 2 RVG vorzunehmen. Es mag zwar sein, dass der § 26 RVG für Zwangsversteigerungsverfahren spezielle Regelungen enthält. Entgegen der Auffassung des Vollstreckungsgerichts handelt es sich jedoch um keine abschließenden speziellen Regelungen. Vielmehr ergänzen die §§ 26, 27 RVG die für Zwangsvollstreckungsverfahren die allgemeine Wertvorschrift des § 23 RVG verdrängende Sonderregelung des § 25 RVG für die Zwangsvollstreckung nach dem ZVG. § 26 RVG ist mithin nur eine die allgemeine Bewertungsvorschrift für Zwangsvollstreckungsverfahren (= § 25 RVG) ergänzende Vorschrift. Für Verfahren über (Schutz-)Anträge des Schuldners enthält § 26 RVG keine Regelung, sodass insoweit auf § 25 Abs. 2 RVG zurückzugreifen ist (vgl. zum Ganzen Toussaint, Kostenrecht, 52. Auflage 2022, § 26 RVG Rn. 1, 10; BGH, Beschluss vom 15.10.2009 – V ZB 76/09).

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in Verfahren über Anträge des Schuldners, d.h. vor allem Vollstreckungsschutzanträge, entspricht nach § 25 Abs. 2 RVG dem Interesse des antragstellenden Schuldners („Schutzinteresse“) (vgl. Toussaint a.a.O sowie unter § 25 RVG Rn. 26 f.). Das Ziel des streitgegenständlichen Antrages auf einstweilige Einstellung nach § 30a ZVG war nicht die vollständige und endgültige Verhinderung der Vollstreckung, sondern die Gewährung eines Aufschubs, hier einer einstweiligen Einstellung des Verfahrens für die Dauer von sechs Monaten.

Dieses Schutzinteresse ist nur mit einem Bruchteil des von dem Vollstreckungsgericht angenommenen vollen Gegenstandswertes zu bewerten. Soweit die Schuldner in ihrer sofortigen Beschwerde auf einen Bruchteil von 1/5 abstellen, ist dies nicht zu beanstanden. Entsprechend war der Wert für die anwaltliche Tätigkeit im einstweiligen Einstellungsverfahren auf … € festzusetzen.