Standesrecht: Anwalt muss Postzustellungen ermöglichen

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1. § 14 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA), der die standesrechtliche Pflicht zur unverzüglichen Rücksendung von Empfangsbekenntnissen regelt, erstreckt sich nicht nur Zustellungen von Rechtsanwalt zu Rechtsanwalt gegen Empfangsbekenntnis. Der Rechtsanwalt ist vielmehr verpflichtet, an jeder Art der Zustellung mitzuwirken. Deshalb hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Zustellungen mit Postzustellungsurkunde entgegengenommen werden können.

2. Einem Anwalt als einer mit gerichtlichen Verfahren vertrauten Person ist allgemein bekannt, dass ein Gericht die Zustellung mit Postzustellurkunde vornimmt, wenn es bei der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis zu Problemen kommt. Er muss deshalb für immer mögliche Probleme bei der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis Vorsorge dafür treffen, dass ihn Zustellungen per Postzustellurkunde ohne Weiteres können.

3. Der an 4 Tagen erfolglose Versuch einer Postzustellung reicht für die Feststellung eines gravierenden Verstoßes gegen die Kanzleipflicht nicht aus.

Anwaltsgerichtshof Hamm, Urteil vom 04.07.2003, Az: (2) 6 EVY 4/02 (bei juris)

Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen Einzelanwalt ohne Personal. Mit der Postzustellerin hatte er vereinbart, dass sie auf dem Rückweg von ihrem Rundgang einen weiteren Zustellversuch unternimmt, wenn sie ihn morgens nicht angetroffen hat. In einem Gerichtsverfahren funktionierte diese Art der Zustellung wegen Abwesenheit des Anwaltes nicht, was zum standesrechtlichen Verfahren führte.

§ 14 BORA lautet:

Der Rechtsanwalt hat ordnungsgemäße Zustellungen entgegenzunehmen und das Empfangsbekenntnis mit dem Datum versehen unverzüglich zu erteilen. Wenn der Rechtsanwalt bei einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung die Mitwirkung verweigert, muss er dies dem Absender unverzüglich mitteilen.