Zeitpunkt der Zustellung per Empfangsbekenntnis

BAG, 24.09.2015 – 6 AZR 497/14

Rn. 20-22:

aa) Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis ist gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO als bewirkt anzusehen, wenn der Rechtsanwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet (BGH 19. April 2012 – IX ZB 303/11 – Rn. 6). 
 
bb) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat das auf den 27. Januar 2014 ausgestellte Empfangsbekenntnis nicht unterzeichnet. Er hat jedoch im Schriftsatz vom 6. Februar 2014 ausdrücklich angegeben, er habe „am 27.01.2014“ die Ladung nebst Widerklage erhalten. Da er diesen Schriftsatz selbst unterzeichnet hatte, war damit das Empfangsbekenntnis jedenfalls mit Rückwirkung nachgeholt (vgl. BGH 19. April 1994 – VI ZR 269/93 – zu II 1 c der Gründe). Darum kann dahinstehen, ob wie nach § 212a ZPO aF (vgl. dazu BGH 19. April 1994 – VI ZR 269/93 – zu II 1 b der Gründe) auch nach § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO die Angabe des Datums und der Unterschrift unverzichtbare Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Zustellung durch Empfangsbekenntnis sind (offengelassen von BGH 11. Juli 2005 – NotZ 12/05 – zu II 4 d aa der Gründe, insbesondere für das Fehlen einer Unterschrift; verneinend Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 174 Rn. 13; bejahend Wieczorek/Schütze/Rohe 4. Aufl. § 174 ZPO Rn. 51). 
 
cc) Das Empfangsbekenntnis erbringt nach § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO vollen Beweis auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Rechtsanwalt. Den zulässigen Gegenbeweis der Unrichtigkeit des Empfangsdatums, der voraussetzt, dass die Beweiswirkung des Empfangsbekenntnisses vollständig entkräftet wird und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben des Empfangsbekenntnisses richtig sein können (BGH 19. April 2012 – IX ZB 303/11 – Rn. 6), hat der Beklagte nicht geführt. Darum ist trotz des erheblichen Zeitabstands von zehn Tagen zwischen der Absendung der zuzustellenden Schriftstücke am 17. Januar 2014 und deren im Empfangsbekenntnis des Prozessbevollmächtigten des Klägers bescheinigter Zustellung am 27. Januar 2014 vom Zugang erst an diesem Tag auszugehen.

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