Hat das Abwicklungsstadium der Gesellschaft bereits vor dem Inkrafttreten des MoPeG begonnen (hier: Auflösung, Kündigung und Versteigerungsantrag vor dem 01.01.2024), bleibt das alte Recht und somit auch § 731 BGB a.F. anwendbar. Daher ist in diesen Fällen die Anordnung einer Teilungsversteigerung möglich.
LG Hamburg, 19.06.2024, 328 T 14/24
Gründe:
I.
Ursprünglich waren die Geschwister G1 und G2 je zur Hälfte in Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Hinblick auf das streitgegenständliche Grundstück im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Im … 2019 verstarb Frau G2. Deren alleiniger Erbe wurde der Antragsteller. Herr G1 verstarb im … 2021. Dessen alleinige Erbin wurde die Antragsgegnerin. Auf der Grundlage einer durch Einschreiben versendeten Kündigung der Gesellschaft durch den Antragsteller vom XX.X.2023 beantragte dieser im … 2023 die Anordnung der Teilungsversteigerung. Auf Hinweis des Rechtspflegers erfolgte im … 2023 eine erneute Kündigung, nunmehr gegen Zustellung durch den Gerichtsvollzieher. Da die Beteiligten zunächst noch nicht im Grundbuch eingetragen waren, zog sich das Anordnungsverfahren bis in das Jahr 2024 hin.
Der Rechtspfleger hat letztlich den Antrag durch Beschluss vom … . … 2024 abgelehnt, da aufgrund der Regelungen des sog. MoPeG ab dem 1.1.2024 eine Abwicklung der Gesellschaft nach den Regeln der Gemeinschaft nicht mehr vorgesehen sei. Dagegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Zurückweisung des Antrags war fehlerhaft. In der vorliegenden Konstellation finden weiterhin die Abwicklungsregeln der §§ 705ff. BGB a.F., insbesondere § 731 BGB a.F. Anwendung.
Die meisten Regelungen des MoPeG sind gemäß Art. 137 S. 1 MoPeG am 1.1.2024 in Kraft getreten. Allein die Übergangsregelung in Art. 229 § 61 EGBGB sieht vor, dass die §§ 723 bis 726 BGB a.F. weiter Anwendung finden können. Die Regelung des § 731 BGB a.F., der die Verweisung in das Gemeinschaftsrecht enthält, fällt nicht darunter, so dass diese Verweisungsnorm seit dem 1.1.2024 nicht mehr existiert und die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts entweder gemäß § 735 BGB n.F. abzuwickeln bzw. zu liquidieren ist oder der vorletzte Gesellschafter nach Ausscheiden gemäß §§ 712a Abs. 2, 728 Abs. 1 BGB n.F. ohne Abwicklung der Gesellschaft abzufinden ist.
Da hinsichtlich der meisten Regelungen der neuen §§ 705 ff. BGB Übergangsvorschriften fehlen, ist bei jeder dieser Normen, die die Rechtslage gegenüber dem früheren Stand ändert, im einzelnen auf der Grundlage des intertemporalen Privatrechts zu ermitteln, welches der maßgebliche Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der konkreten Anknüpfung ist. Entscheidend ist insofern aus materiell-rechtlicher Perspektive die lex temporis actus. Insbesondere in Bezug auf Regelungen für das gesellschaftsrechtliche Innenverhältnis ist hiernach auch bei der gerichtlichen Befassung ab 1.1.2024 das Recht bestimmend, welches zum Zeitpunkt der maßgeblichen Handlung galt (Servatius GbR/Servatius, 1. Aufl. 2023, BGB § 705 Rn. 4). So ist zum Beispiel für die neue Liquidationsvorschrift des § 735 BGB n.F. der maßgebliche Zeitpunkt der Eintritt des Auflösungsgrundes, so dass die Neuregelung für Altgesellschaften nur gilt, wenn dieser ab 1.1.2024 verwirklicht wurde. Zuvor bereits begonnene Abwicklungen der Gesellschaft werden nach altem Recht fortgesetzt (Servatius GbR/Servatius, 1. Aufl. 2023, BGB § 735 Rn. 4).
Vorliegend wurde die Gesellschaft mangels anderer Erkenntnisse hinsichtlich der Existenz einer sog. Fortsetzungsklausel bereits durch den Tod von Frau G2 im Jahr 2019 aufgelöst, § 727 BGB a.F. Spätestens aber durch die Kündigungen des Antragstellers im … und … des letzten Jahres wurde die Gesellschaft aufgelöst und in ein Abwicklungsstadium versetzt. Bei dem Tod eines Gesellschafters bzw. bei der Kündigung handelt es sich um die maßgeblichen Handlungen im Sinne der lex temporis actus. Da diese allesamt bereits vor dem Inkrafttreten des MoPeG abgeschlossen waren und das Abwicklungsstadium der Gesellschaft nach altem Recht bereits begonnen hatte (siehe insoweit auch der hiesige Antrag als Teil dieser Abwicklung), bleibt das alte Recht und somit auch § 731 BGB a.F. anwendbar.