Ist die Kündigung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erst 2024 erfolgt, fehlt einem einzelnen Gesellschafter die Antragsbefugnis für die Anordnung der Teilungsversteigerung.
LG Hamburg, Beschluss vom 11.06.2024, 328 T 16/24
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer richtet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Teilungsversteigerung.
Der Beschwerdeführer ist Mitgesellschafter (zu 50 %) einer GbR bestehend aus dem Beschwerdeführer selbst und der Beschwerdegegnerin, (…); ein schriftlicher GbR-Vertrag besteht nicht. Der Beschwerdeführer hat das Gesellschaftsverhältnis mit Schreiben vom XX.XX.2024 mit sofortiger Wirkung gekündigt und die freihändige Verwertung einer Immobilie, die im Eigentum der Gesellschaft steht, angeboten; die Zustellung des Kündigungsschreibens erfolgte am XX.XX.2024 per Gerichtsvollzieher. Eine Einigung über den freihändigen Verkauf der Immobilie konnte nicht erzielt werden.
Der Beschwerdeführer hat deshalb mit Schriftsatz vom XX.XX.2024 beantragt, die Zwangsversteigerung über das streitgegenständliche Grundstück zum Zwecke der Aufhebung der im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuordnen und durchzuführen.
Er meint, dass er auch nach neuem GbR-Recht und nach Wegfall der Verweisung auf die Verwertungsvorschriften des Gemeinschaftsrechts allein berechtigt und verpflichtet ist, den einzigen Vermögensgegenstand der Gesellschaft nötigenfalls gegen den Willen seiner Mitgesellschafterin als „übriges Vermögen“ gem. § 736d Abs. 2 S. 1, Var. 3 BGB durch Teilungsversteigerung „in Geld umzusetzen“.
Das Amtsgericht (…) hat den Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom XX.XX.2024 zurückgewiesen. Zur Begründung führt es an, eine Auseinandersetzungsversteigerung der GbR könne nach dem ersatzlosen Wegfall des § 731 BGB a.F. nicht mehr erfolgen. Vielmehr richte sich die Verwertung nach den nunmehr geltenden § 735 ff. BGB, wonach im Rahmen der nunmehr vorgesehen Liquidation sämtliche vertretungsberechtigte Liquidatoren den Antrag stellen müssten.
Mit Schriftsatz vom XX.XX.2024 – beim Amtsgericht (…) eingegangen am selben Tag – hat der Beschwerdeführer die sofortige Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss vom XX.XX.2024 eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Teilungsversteigerung aufgrund der mangelnden Vertretungsbefugnis des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen.
Eine Versteigerung des GbR-Vermögens durch Antrag eines Gesellschafters nach Kündigung war einzig aufgrund der in § 731 BGB a.F. geregelten Verweisung in das Recht der Gemeinschaft – und damit auf § 753 BGB – gem. § 180 ZVG zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 16.05.2013, V ZB 198/12). Die -auch von dem Beschwerdeführer zitierte- Rechtsprechung des BGH zur Anwendung des § 180 ZVG stützt sich dabei zentral und ausdrücklich auf die weggefallene Verweisungsnorm, sodass nach neuer Rechtslage eine alleinige Antragsbefugnis des Beschwerdeführers nicht mehr mit dem Verweis auf diese Rechtsprechung begründet werden kann. Die Auseinandersetzung der GbR ist in den nunmehr anzuwendenden §§ 735 ff. BGB neu geregelt worden. Hiernach ist die Liquidation der Gesellschaft vorgesehen, sodass der Beschwerdeführer nur gemeinsam mit der Beschwerdegegnerin als weitere Liquidatorin antragsbefugt wäre.
Der Beschwerdeführer ist bei einer Verweigerung der Beschwerdegegnerin zum freihändigen Verlauf oder der Versteigerung auch nicht schutzlos gestellt. Aufgrund der Neuregelung ist es ihm zwar nicht mehr unmittelbar möglich die Teilungsversteigerung zu beantragen, jedoch kann er nach § 736a Abs. 1 S. 1 BGB bewirken, dass die Beschwerdeführerin als Liquidatorin abberufen wird. Zweck dieser Vorschrift ist es sicherzustellen, dass die Liquidation der aufgelösten Gesellschaft auch dann erfolgen kann, „wenn eine gedeihliche Durchführung durch die Gesellschafter oder durch die von den Gesellschaftern berufenen Liquidatoren nicht zu erwarten ist“ (MüKoBGB/Schäfer, 9. Aufl. 2024, BGB § 736a Rn. 1). Sofern eine Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist, soll § 736a BGB nach den gesetzgeberischen Erwägungen im Einzelfall bei einer vergleichbaren Interessenlage dennoch entsprechend angewendet werden können, wie es vordem MoPeG bereits für die unternehmenstragende GbR angenommen wurde (BeckOGK/R. Koch, 1.1.2024, BGB § 736a Rn. 6; MüKoBGB/Schäfer, 9. Aufl. 2024, BGB § 736a Rn. 1).
Die nach Einführung des MoPeG vorgesehene Vorgehensweise nach der Kündigung steht im Einklang mit der Rechtslage bei OHG und KG (Servatius GbR/Servatius; 1. Aufl. 2023, BGB § 735 Rn. 5) und benachteiligt den Beschwerdeführer damit auch: nicht in der Weise, dass ihm die Zwangsversteigerung durch bloßen Antrag ermöglicht werden müsste, zumal es hierfür nach neuer Rechtslage an einer Rechtsgrundlage fehlt. Das Wegfallen der Verweisungsnorm zeigt nach Ansicht der Kammer, dass der Gesetzgeber das hier angestrebte Vorgehen gerade nicht mehr für Interessengerecht gehalten haben dürfte und beabsichtigte, das GbR-Recht ähnlich dem Recht der OHG und KG gestalten zu wollen.
Auch aus § 736d Abs. 2 BGB ist nach Ansicht der Kammer keine Antragsbefugnis des Beschwerdeführers herzuleiten. Aus der Vorschrift geht hervor, dass sämtliche Vermögensgegenstände im Zweifel freihändig zu verkaufen oder, wenn dies sinnvoll ist, zu versteigern sind (Grüneberg/Retzlaff BGB, 83. Aufl., § 736d Rn. 6). Das bedeutet aber nicht, dass nach einer Kündigung keine Gesellschaftsbeschlüsse mehr erforderlich wären. Soweit ein Liquidator dem Verkauf oder einer Versteigerung widerspricht – dies kann vernünftige Gründe haben – wäre im Rahmen eines Verfahrens nach § 736a BGB vielmehr festzustellen, ob der Liquidator die Durchführung der Liquidation durch sein Verhalten verhindern möchte und damit ein Grund besteht, ihn abzuberufen. Soweit aufgrund der Verweigerung eines Liquidators den anderen Gesellschaftern – bspw. durch einen geringeren Verkaufspreis – ein Schaden entstünde, wäre dieser ggf. zu ersetzen.
Es bedarf aus den vorgenannten Gründen auch nicht einer analogen Anwendung der Grundsätze der Notgeschäftsführung. Eine planwidrige Regelungslücke ist nach Ansicht der Kammer mit Blick auf die gesetzgeberische Intention (Anlehnung an das Recht der OHG und KG) sowie den Regelungen zur Liquidation nicht zu erkennen.