Zuschlagsversagung bei fehlerhaften Soll-Angaben in der Terminsbestimmung


Ein bereits erteilter Zuschlag ist zu versagen, wenn die Terminsbestimmung derart fehlerhafte Angaben über das Versteigerungsobjekt enthält, dass von einer Irreführung der Bieterkreise auszugehen ist.

BGH, Beschluss vom 30. September 2010 – V ZB 160/09

Im vorliegenden Fall wurde in der Terminsbestimmung für eine Wohnung eine Wohnfläche von 91,36 qm angegeben, die nach der baulichen Lage auch korrekt ist. Laut Grundbucheintragung nebst verdinglichten Plänen hat die Wohnung jedoch nur eine Wohnfläche von 48,2 qm.

Bei der Sollvorschrift des § 38 ZVG handele es nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung die Terminsbestimmung nur dann in Frage stellt, wenn durch die unrichtige Mitteilung zugleich zwingende Angaben des § 37 ZVG missverständlich oder unklar werden (Beschluss vom 19. Juni 2008 – V ZB 129/07, aaO). Die Veröf fentlichung der Terminsbestimmung habe unter anderem die Funktion, im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Bietinteressenten solle eine Orientierungshilfe für die Entscheidung an die Hand gegeben werden, ob sie am Verfahren teilnehmen und bis zu welcher Höhe sie Gebote abgeben wollen. Angaben in der Terminsbestimmung bötenn für Ersteher auch dann eine maßgebliche Orientierungshilfe, wenn diese nicht zu den Pflichtangaben nach § 37 ZVG gehörten. Bedenke man, dass der Erwerber in der Regel keine Möglichkeit habe, sich über den tatsächlichen Zustand des Objekts vor der Versteigerung Gewissheit zu verschaffen, der Versteigerungsgegenstand gewährleistungsfrei zugeschlagen werde (§ 56 Satz 3 ZVG) und das Gebot nicht der Anfechtung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft (§ 119 Abs. 2 BGB) unterliege, komme den Angaben in der Terminsbestimmung eine hervorgehobene Bedeutung auch dann zu, wenn diese „nur“ den von § 38 ZVG vorgegebenen Sollinhalt betreffen.

Das Gericht dürfe keine irreführenden, unzutreffenden oder nach Aktenlage zumindest erheblichen Zweifeln unterliegenden Angaben über das Versteigerungsobjekt machen, die für die Entschließung eines verständigen Bietinteressenten von wesentlicher Bedeutung seien. Hierunter seien auch Angabe zu verstehen, die dem Versteigerungsobjekt ein ganz anderes Gepräge gebe.

Und weiter:

Auf dieser Grundlage hat das Beschwerdegericht den Zuschlag zu Recht versagt. Die Beschreibung als 91,36 qm große 4-Zimmer-Wohnung ist schon deshalb evident unrichtig, weil eine nur 48,2 qm große Wohnung im Rechtsverkehr unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als 4-Zimmer-Wohnung angesehen wird. Eine nur rund 50 qm große Wohnung spricht ganz andere Bieterkreise an als eine Wohnung mit einer Fläche von gut 90 qm. Auch aus der Sicht eines verständigen Erstehers kommt diesem Umstand bietentscheidende Bedeutung zu. Bei dem Erwerb von Wohnungseigentum stehen bei der Willensentschließung die Angaben zur Größe der Wohn- oder Nutzfläche im Vordergrund und nicht der nur als Bruchteil ausgewiesene Miteigentumsanteil an dem Grundstück (OLG Karlsruhe, Rpfleger 1993, 256, 257; vgl. auch Stöber, aaO, § 37 Rn. 2.8). Die Wohn- bzw. Nutzfläche bildet ein maßgebliches Kriterium für den Verkehrswert der Wohnung und damit für die Möglichkeit der Finan-zierung sowie für die Prognose über die zukünftige Wertentwicklung und die Höhe des zukünftig erzielbaren Mietertrages (BGH, Urteil vom 7. September 2000 – VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, 129). Nichts anderes gilt für die Beschreibung des Versteigerungsobjekts als 4-Zimmer-Wohnung. Jedenfalls bei irreführenden Informationen über solche zentralen Beschaffenheitsmerkmale ist Bietinteressenten nicht damit geholfen, dass der Miteigentumsanteil zutreffend angegeben wird.

Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb angezeigt, weil das Berufungsgericht die Beschreibung des Versteigerungsobjekts durch den Zusatz „ohne Gewähr“ relativiert hat. Bedenkt man, dass das Vollstreckungsgericht die Wohnfläche mit einer Genauigkeit von zwei Dezimalstellen hinter dem Komma angegeben hat, ist der Zusatz aus der Sicht verständiger Bietinteressenten lediglich dahin zu verstehen, dass zwar mit Abweichungen insbesondere von der – Exaktheit suggerierenden – Wohnflächenangabe gerechnet werden muss (zur Frage der Wesentlichkeit von Verkehrswertabweichungen vgl. Senat, Beschluss vom 19. Juni 2008 – V ZB 129/07, NJW-RR 2008, 1741, 1742), nicht aber, dass
auch solche Diskrepanzen in Betracht zu ziehen sind, die dem Versteigerungsobjekt die Eigenschaft als 4-Zimmer-Wohnung nehmen und damit ein völlig anderes Gepräge geben.