Suizidgefahr: Geheimer Zuschlagsbeschluss?

Erachtet das Vormundschaftsgericht Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Schuldners nicht für geboten, solange die Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt wird, so setzt die Fortsetzung der Vollstreckung gegen den suizidgefährdeten Schuldner voraus, dass das Vollstreckungsgericht flankierende Maßnahmen ergreift, die ein rechtzeitiges Tätigwerden des Vormundschaftsgerichts zur Abwendung der Suizidgefahr ermöglichen.

BGH, Beschluss vom 15.07.2010 – V ZB 1/10

Unter einer „flankierenden Maßnahme“ stellt sich der BGH beispielsweise Folgendes vor (Rdnr. 13 der Entscheidung):

(…) Das kann dadurch geschehen, dass das Vollstreckungsgericht die bestäti-gende Entscheidung zunächst nur dem Vormundschaftsgericht (sowie ggf. auch einem bestellten Betreuer) – unter deutlicher Hervorhebung der mit dem Bekanntwerden der abschlägigen Entscheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretenden akuten Lebensgefahr – zustellt, die Herausgabe des Beschlusses an die Verfahrensbeteiligten nach Ablauf einer bestimmten Frist ankündigt, sich des Eingangs dieser Ankündigung vergewissert, die Zustellung an die Verfahrensbeteiligten erst nach Fristablauf veranlasst und das Vormundschaftsgericht hiervon nochmals in geeigneter Weise unter erneuter Hervorhebung der Dringlichkeit und der Bedeutung der Sache informiert. Dann muss das – mit der Sache ohnehin schon vorbefasste – Vormundschaftsgericht im Rahmen der primär ihm zugewiesenen Verantwortung für den Lebensschutz darüber befinden, ob nunmehr eine akute Selbstgefährdung vorliegt oder nicht. Bejaht es eine solche Gefahr, obliegt es ihm, die erforderlichen (Eil-)Maßnahmen zu treffen.

Im vorliegenden Fall wurde die Zuschlagsentscheidung des Beschwerdegerichts aufgehoben. Wie man sich im Hinblick auf das Erfordernis der Verkündung (§ 89 ZVG) und die erst mit Zustellung beginnende Rechtsmittelfrist einen „geheimen“ Zuschlagsbeschluss eines Amtsgerichts vorzustellen hat oder welche Alternativen es geben könnte, bleibt fraglich.

Siehe auch „Suizid als neue Masche“ im Rechtspflegerforum (ab Beitrag #179)