Abwesender Schuldner: Keine Abwesenheitspflegschaft für Zustellung der Fortsetzung und der Terminierung

Die Bestellung eines Abwesenheitspflegers (§ 1911 BGB) für den unbekannt verzogenen Schuldner zum Zwecke der Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses und der Terminsbestimmunq ist unzulässig.

LG Koblenz, Beschluss vom 03.02.2017, 2 T 85/17

Aus den Gründen:

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin, ist bereits unstatthaft.

Nach § 95 ZVG kann eine sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO nur dann eingelegt werden, wenn die Entscheidung die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung betrifft.

Zwar soll durch die im Ergebnis gewollte Bestellung eines Abwesenheitspflegers der Erlass eines Fortsetzungsbeschlusses ermöglicht werden; diese im Vorfeld erlassene Entscheidung ist im Katalog des § 95ZVG jedoch nicht mit umfasst. Sie ist auch keine anfechtbare „Zwischenverfügung“ oder „Aufklärungsverfügung“ (so Stöber in: ZVG, 21. Aufl., § 15 Rdnr. 5.2. und § 95 Rdnr. 5.1. a). Denn eine solche läge nur dann vor, wenn dies zur Behebung von Hindernissen durch den Gläubiger selbst erforderlich erscheint, so wenn der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung Mängel oder Lücken enthält und daher durch den Gläubiger berichtigt bzw. ergänzt werden kann. Hier jedoch beabsichtigt das Versteigerungsgericht die Bestellung eines Abwesenheitspflegers durch das Betreuungsgericht, das durch das Gericht selbst – und nicht durch Antrag eines Gläubigers – angeregt werden kann (vgl. Stöber, a. a. O., § 7 Rdnr. 2.2).

Es ist auch keine sofortige Beschwerde deshalb statthaft, weil darauf in die dem angefochtenen Beschluss beigegebene Rechtsmittelbelehrung hingewiesen worden war. Denn eine fehlerhafte Belehrung führt nicht zur Zulässigkeit eines nicht statthaften Rechtsmittels (vgl. BVerwG NVwZ 1983, 283; BGH MDR 2010, 1144).

Zu entscheiden über die mit Schreiben vom 25.01.2017 erhobene sofortige Beschwerde hat daher nach dem Meistbegünstigungsprinzip abschließend der / die zuständige Amtsrichter(in) des Amtsgerichts (§11 Abs. 2 RPflG).

Auch wenn über die eigentliche Bestellung des Abwesenheitspflegers letztlich das Betreuungsgericht zu entscheiden hat, wird bereits jetzt — da die Kammer auch für Beschwerden in solchen Pflegschaftsangelegenheiten zuständig ist – auf folgendes hingewiesen:

Die Voraussetzungen des § 1911 BGB (Abwesenheitspflegschaft) dürften hier nicht erfüllt sein. Dieser lautet:

(1) 1 Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist, erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger. Ein solcher Pfleger ist ihm insbesondere auch-dann zu bestellen, wenn er durch Erteilung eines Auftrags oder einer Vollmacht Fürsorge getroffen hat, aber Umstände eingetreten sind, die zum Widerruf des Auftrags oder der Vollmacht Anlass geben.
(2) Das Gleiche gilt von einem Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt, der aber an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist.

Die Abwesenheitspflegschaft setzt somit ein Fürsorgebedürfnis aus der Sicht des Abwesenden voraus, D. h. die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft muss zumindest auch in seinem Interesse liegen (ständige Rspr. z. B. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01.07.1985, 3 W 130/85; OLG Köln, Beschluss vom 18.10.1995, 16 Wx 178/95; LG Potsdam, Beschluss vom 23.10.2008, 5 T 473/08). Die Bestellung eines Abwesenheitspflegers für den unbekannt verzogenen Schuldner zum Zwecke der Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses und der Terminsbestimmunq an diesen, liegt ausschließlich im Interesse der Gläubiger. Der Schuldner hat daran kein Interesse, weil durch eine an ihn zu bewirkenden Zustellung das Verfahren der Zwangsversteigerung in sein Immobiliarvermögen wiederum in Gang gesetzt wird mit, um den Verlust desselben herbeizuführen.

Siehe auch: Abwesender Schuldner: Anordnung ohne Abwesenheitspfleger