BGH bejaht Prozesskostenhilfe für Wohnungseigentümergemeinschaft

Will die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen ihrer Mitglieder Beitragsforderungen gerichtlich geltend machen, kann ihr Prozesskostenhilfe bewilligt werden; diese Rechtsverfolgung liegt jedenfalls dann im allgemeinen Interesse, wenn weder die Gemeinschaft noch sämtliche Mitglieder die Kosten aufbringen können.

BGH, Beschluss vom 17. Juni 2009 – V ZB 26/10

Im vorliegenden Fall klagte der WEG-Verwalter als Prozessstandschafter gegen einen der Miteigentümer wegen rückständiger Wohngelder. Ein damit verbundener Antrag auf bewilligung von Prozesskostenhilfe lehnten das Erstgericht und das Beschwerdegericht ab. Das Beschwerdegericht verneinte die Voraussetzung für die Bewilligung von PKH gemäß § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO, dass nämlich die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderliefe. Der BGH erklärte

Die Wohnungseigentümergemeinschaft unterscheide sich von juristischen Personen dadurch, dass sie ein auf Dauer angelegter, unauflöslicher Zusammenschluss von Wohnungseigentümern sei. Auch Pfändungs- oder Insolvenzgläubiger einzelner Eigentümer könnten keine Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Der BGH verweist dann auf die nur wenigen Ausnahmefälle für eine Aufhebung der Gemeinschaft wie z. B. die rechtsgeschäftliche Aufhebung durch die Miteigentümer.

Dieser Besonderheit werde es nicht gerecht, wenn man die Gemeinschaft finanziell ausbluten lasse. Die Gemeinschaft sei auf Beiträge ihrer Mitglieder angewiesen und müsse bei Zahlungsverzug gegen die säumigen Mitglieder vorgehen. Die Durchsetzung der Zahlungsansprüche betreffe zwar die Interessen der Miteigentümer, liege aber auch im allgemeinen Interesse:

Die in § 11 WEG normierte Unauflöslichkeit und Insolvenzunfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft zeigt, dass – anders als bei juristischen Personen (BVerfGE 35, 348, 356) – die Rechtsordnung die Existenzberechtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft auch dann anerkennt, wenn sie ihre Ziele und Aufgaben nicht aus eigener Kraft, also mit eigenen finanziellen Mitteln, verfolgen kann. Deshalb muss sie in die Lage versetzt werden, auch bei Bedürftigkeit im Sinne von § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Beiträge eines Wohnungseigentümers einzuklagen, damit sie ihren Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung – gegebenenfalls durch die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums des Schuldners (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) – durchsetzen kann. Die dadurch gesicherte wirtschaftliche Existenz der Wohnungseigentümergemeinschaft liegt im Interesse der Rechtsordnung, weil nur so die rechtlich auf Dauer angelegte Gemeinschaft mit Leben erfüllt werden kann. Die Verwirklichung des Interesses der Rechtsordnung wiederum ist von allgemeinem Interesse.

Dieses Entscheidung bejaht zwar immerhin, aber auch nur die Frage, ob der WEG grundsätzlich Prozesskostenhilfe gewährt werden kann. Die Prüfung, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§§ 114 Satz 1 letzter Halbsatz, 116 Satz 2 ZPO) muss nun das Beschwerdegericht für den konkreten Fall nachholen (Rdnr. 12 der Entscheidung).